Samstag, 22. Dezember 2012

Livvy (14.)

Es ist unbeschreiblich schön, dass wir Keeden und Dereck wiedergefunden haben. Sie waren eine Zeit lang sogar gar nicht weit weg von den Stämmen entfernt. Vom Cazanara-Stamm haben sie Pfeile und Bögen gestohlen und von meinem ehemaligen Stamm ein Zelt.
Sie haben viel erlebt. Mein Leben war im Vergleich zu ihrem extrem langweilig wie mir auffällt. Warum haben nur Jäger so spannende und aufregende Sachen erlebt? Ich wurde Heilerin.
Aber immerhin. Denn wenn sich hier beim Jagen jemand verletzten würde, wäre ich zur Stelle. Aber das ist nur wenig Trost.
>>Wollt ihr mal was ausprobieren?<<, fragt Keeden und seine Augen leuchten.
>>Ähm. Und was genau?<<, antworte ich.
>>Es nennt sich Alkohol. Wir haben ein paar Flaschen davon bei einem Stamm hier in der Nähe mitgehen lassen.<<, erwidert Dereck.
>>Und was ist so besonders daran?<<, will Rumer wissen.
>>Es macht einen lockerer. Und man wird viel geselliger.<<, sagt Keeden und springt schon auf, um eine Flasche des Getränks zu holen.
Dereck und er trinken ein paar Schlucke. Danach hält Keeden mir die Flasche hin. Ich bin ein wenig unsicher. Rumer ist es nicht, denn sie schnappt sie sich und schluckt ein wenig des Inhalts hinunter. Danach hustet sie. Ihre Hand legt sich an ihren Hals. >>Das hat aber ganz schön Nachgeschmack. Schmeckt aber gar nicht mal so schlecht, Jungs. Und es wärmt den Hals.<<, sagt Rumer und lacht. >>Komm schon Liv!<<
>>Nein lieber nicht. Ich weiß ja gar nicht, wie ich darauf reagiere.<<
>>Trink doch einfach!<<, ruft Keeden, der gerade eine zweite Flasche aus ihrem Zelt holt.
>>Aber euch ich klar, dass das Gruppenzwang ist, oder?<<, sage ich und zögere immernoch. Doch Keeden drückt mir die Flasche in die Hand. Nun gut. Ich werde das Zeug mal ausprobieren.
Vorsichtig nehme ich einen Schluck. Es brennt beim Schlucken in der Speiseröhre. Im nächsten Moment wärmt es meinen Körper. Dieses Gefühl ist irgendwie schön und ich nehme noch ein paar Schlückchen mehr. Die anderen klatschen und jubeln mir zu.
Rumer entreißt mir die Flasche und trinkt sie fast leer. Danach fängt sie an zu kichern. Ich pruste los, weil ihr Gekicher sich so lustig anhört. Keeden und Dereck lachen mit. Nachdem ich mich wieder einigermaßen erholt habe, trinke ich die Flasche mit dem Alkohol leer.
>>Ziemlich durstig ihr beiden!<<, bemerkt Keeden und stupst Rumer in die Seite. Rumer starrt ihn verwundert an. Ihr Gesicht nähert sich seinem. Und auf einmal patscht sie ihm ihre Hand an seine Wange. >>Wow. Du bist ja ganz rasiert!<< Ihre Hand kreist um Keedens Wange. >>Komm mal her Liv. Das musst du auch mal fühlen!<<
Ich bin ganz aus dem Häuschen. Schnell laufe ich rüber und patsche meine Hand ebenfalls an seine weiche Wange. >>Gar keine Haare dran.<<, sage ich und bin ganz fastziniert. >>Und bei Dereck?<<. Fragend sehen wir uns an und springen auf. Wir stürzen auf ihn zu, mit unseren Händen vorran. Er schreckt zurück, doch wir errichen ihn und seine Wange bleibt nicht verschont.
>>Oh mein Gott, die ist ja auch so weich!<<. Erstaunt sehen Rumer und ich uns an. So weiche Wangen habe ich noch nie in meinem Leben angefasst.
Dereck und Keeden tauschen verstörte Blicke aus. Aber Keeden fängt an zu lachen, weil die Situation einfach total abgedreht ist. >>Wir hätten ihnen wohl nicht so viel geben sollen, Dereck!<<, sagt Keeden. Dereck nickt nur, denn unsere Hände kreisen so in seinem Gesicht, dass sein Mund in verschiedene Richtungen gezogen wird.
Rumer steht auf und taumelt lachend zu Keeden rüber. Er lächelt sie an. Doch kurz bevor sie bei ihm ankommt, stolpert sie über ihre eigenen Füße und landet auf ihm. Ich kann mich vor lachen kaum noch halten und meine Augen tränen schon total. Sie sieht etwas verwirrt aus und bei diesem Anblick fangen die Jungs auch an zu lachen.
Dieses Alkohol-Zeug ist echt gut. So viel Spaß hatte ich noch nie in meinem Leben. >>Wo ist die andere Flasche eigentlich? Das ist echt lecker Leute!<<, sage ich und bemerke, dass die Wörter, die ich spreche, kaum verständlich klingen. Das bringt mich wieder zum lachen.
>>Du solltest lieber nichts mehr davon trinken, Livvy!<<, sagt Dereck. Es hört sich an, als würde er mit einem kleinen Kind reden. Ich schaue umher, auf der Suche nach der Flasche. Sie liegt hinter Keeden. Das ist meine Chance und ich sprinte torkelnd zu dem köstlichen Alkohol.
Rumer lacht über mich und ich falle in ihr Lachen mit ein. Die ganze Welt ist so lustig heute Abend. Ich erreiche die Flasche mit einem Hechtsprung, bevor der böse Keeden sie wegschnappen kann. Nach einigen großen Schlucken lasse ich die Flasche sinken und überreiche sie Rumer, die mir ihre Hand hinstreckt.
>>Nein, nein, nein Rumer! Mach das nicht. Zu viel ist nicht gut. Hör auf! Nicht trinken!<<, schreit Keeden und schlägt ihr die Flasche aus der Hand. Sie fliegt direkt ins Lagerfeuer.
>>Sofort alle weg!<<, ruft Dereck. Keeden zerrt Rumer und mich vom Lagerfeuer weg. Kurz darauf explodiert die Flasche.
>>Wooooow. Ist das schön!<<, sagen Ru und ich im Chor. So etwas schönes habe ich noch nie gesehen. Die Funken fliegen wie Glitzer durch die Luft. Und ich muss schon wieder lachen. Das ist alles so geil heute Abend. So.. so überwältigend.
Rumer schlingt ihre Arme um Keedens Hüfte, weil sie sonst nicht mehr stehen kann. Und auch ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Dereck kommt auf mich zu und stützt mich. Mir wird mulmig zu mute. Trotzdem kann ich nicht aufhören zu kichern.
Mein Bauch macht irgendwelche komischen Geräusche. Und mir wird ein wenig schlecht. Ich spüre, dass ich es nicht mehr zurückhalten kann. Dereck sieht etwas beunruhigt aus. Er steht vor mir und ich muss mich übergeben. Direkt auf seine Schuhe! Oh Gott, warum immer ich.
Ich mache immer alles kaputt. Und trotzdem fange ich danach wieder an zu lachen. Genau wie Rumer. Wir kriegen uns fast nicht mehr ein.
>>Alles klar Dereck?<<, fragt Keeden. Er wirkt angeekelt. Ich kanns nachvollziehen. Wenn mir jemand auf die Schuhe kotzen würde, wäre ich echt sauer. Aber lustig ist es irgendwie trotzdem.
>>Ja. Ich werde mich nur eben umziehen gehen. Kannst du die Mädchen ins Zelt bringen?<<
Das ist das letzte, was ich noch mitbekomme von diesem verrückten Abend. Denn vor meinen Augen wird alles Schwarz und meine Beine geben nach. Der Boden fängt mich sanft auf und ich gleite in den Schlaf.

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