Sonntag, 10. März 2013

Livvy (32.)

Ein leises Geflüster lässt mich erwachen. Zwei Männer stehen mit dem Rücken zu mir in meinem Zimmer und unterhalten sich gedämpft. Meine Schwester liegt zusammengerollt auf ihrem Bett und hält sich zitternd ein Kissen über den Kopf. Ihre Augenlider sind geschlossen und ein leises Wimmern entfährt aus ihren leicht geöffneten Lippen.
Obwohl die zwei Gestalten nicht weit weg von mir stehen, kann ich keines ihrer Worte verstehen. Es hört sich an, als würde sich ein Stück Stoff in ihren Mündern befinden. Sie scheinen über mich zu reden, denn ihre Gesichter drehen sich beim Sprechen zu mir um.
Ich kann ihre Gesichter nicht sehen, denn nur ein winziger Lichtstrahl, der durch den Spalt der angelehnten Tür fällt, erhellt das Zimmer, sodass ich nur Umrisse erkennen kann.
Sie halten etwas in ihren Händen, jedoch ist es zu klein, um es bei diesem Licht sehen zu können. Die größere der zwei Gestalten macht einen Schritt in meine Richtung, bleibt dann aber stehen. Ich bin beunruhigt und mein Herzschlag erhöht sich.
Mit einem Mal öffent sich die Tür und das Licht von Zimmer 301 geht an. Mehrere Männer in gelben Anzügen stürmen ins Zimmer. Meine Schwester fängt an zu schreien, als einer von ihnen ein Messer zückt.
Er stellt sich neben mein Bett und lächelt mich mit einem Gesichtsausdruck an, dem ich einen psychisch Kranken zugeordnet hätte.
>>Gute Nacht, mein Engel. Träum was Schönes!<<, erklingt seine schrille Stimme.
Das Messer fällt in Zeitlupe auf meine Brust und ich fange an zu Schreien.
>>Livvy!<< Derecks Stimme lässt mich hochschrecken. Mein Atem geht stoßweise und mein Schädel brummt. Ich lebe! Ein Traum, ein böser Alptraum. Nichts weiter. Alles ind Ordnung. Jetzt beruhige dich!
>>Alles in Ordnung?<< Derecks Finger streichen mir beruhigend durch Haar. Eine kleine Lampe erhellt das Zeltinnere. Moment mal, müsste ich nicht noch beim Frühstück sitzen?
>>Dereck, wieso ist es schon dunkel? Und was mache ich hier?<< Meine Stimme zittert.
Sein Blick sieht kurz beunruhigend aus, doch dann entspannen sich seine Gesichtsmuskeln wieder zu einem liebevollem Lächeln.
>>Naja, also...Anscheinend hattest du einen Allergischen Schock oder so was. Also du hast beim Frühstück irgendetwas gegessen, was du wohl nicht verträgst. Da du die Heilerin von uns bist, wussten wir nicht so genau was dir fehlt.<<
>>Und hier gibt es keine Heiler?<< Fragend sehe ich ihn an.
>>Keinen, der sich richtig gut mit Medizin auskennt. Die geringe Lebenserwartung ist glaube ich ein Grund dafür. Naja, wo war ich? Genau, also..als du mit deinem Brötchen fertig warst, hast du dir an den Hals gefasst und behauptet, dass es dir nicht gut ginge. Du bist dann aufgestanden und bist ein paar Schritte getaumelt. Dann lagst du plötzlich am Boden und hast nach Luft gerungen.
Einer der Ausgestoßenen hat dich mit Mund-zu-Mund Beatmung "versorgt". Ich habe mir ganz schön Sorgen gemacht. Ich bin so froh, dass ich dich noch bei mir habe!<< Derecks Arme umschlingen mich und er drückt mich an ihn.
Warum ist mir das passiert? Und woran lag es? So viele Fragen schwirren mir in meinem Kopf herum. Ich erwidere Derecks Umarmung.
>>Was habe ich denn zum Frühstück gegessen?<<, frage ich ihn.
>>Also ich glaube das war so eine Marmelade und Brötchen. Johannisbeere meine ich war das.<<
Dann lag das wahrscheinlich an der Beere. Ich habe vorher noch nie Johannisbeeren gegessen. Dennoch finde ich die ganze Sache ziemlich misteriös. Andere Beeren konnte ich bis jetzt auch immer essen, und eine Allergie gegen eine einzige Beerensorte kommt mir komisch vor.
>>Habt ihr Rumer gefunden?<< Ich löse mich aus seinen Armen und sehe ihn fragend an.
>>Ja. Sie ist aufgetaucht, als es dir so schlecht ging.<<
>>Kannst du sie holen? Ich möchte sie gerne sehen. Das wäre nett von dir.<< Ich lächle Dereck an und gebe ihm einen Kuss.
>>Jap, ich hole Ru. Sie ist, glaube ich, bei der Feuerstelle.<<, sagt Dereck und verlässt das Zelt.
Nicht viel später öffnet sich der Reißverschluss und Rumer tritt ein.

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