Samstag, 8. Juni 2013

Rumer (41.)

>>Hör auf damit! Wir müssen uns konzentrieren!<<, fauche ich Navin an, als er mich in den Nacken küsst.
Er seufzt und lässt seine Arme sinken, die er mir von hinten um die Taille geschlungen hatte. >>Was soll denn bitte schön passieren? Glaubst du wir werden von Schnecken angegriffen?<<, fragt er sarkastisch und sieht mich herausfordernd an. Er will mich provozieren. Viel Spaß dabei.
>>Ja, natürlich. Die Schnecken in den Strahlungzonen hier in der Nähe sollen Säureschleim ausstoßen. Hast du das noch nicht gehört?<<, frage ich tot ernst und für einen Augenblick scheint er ehrlich darüber nachzudenken, dass ich vielleicht die Wahrheit sage, aber dann kann ich mich nicht länger zusammen reißen und fange an zu lachen.
>>Du blöde Kuh!<<, knurrt Navin lachend und schleudert mich im Kreis herum.
Als er mich wieder absetzt, lachen wir beide und ich fühle mich unglaublich... glücklich.
>>Wir müssen jetzt echt weiter.<<, sage ich, doch Navin ignoriert das und küsst mich, was ich für ungefähr fünf Sekunden zulasse, bevor ich ihn von mir weg schiebe. >>Hör jetzt auf mit dem Unsinn, du Penner!<<
>>Du hast recht. Das hat auch noch Zeit bis später.<<, meint er und hebt einen Mundwinkel zu einem spitzbübischen Lächeln. Mir schießt die Röte in die Wangen und ich drehe mich weg, damit er es nicht sieht und gehe weiter.
Wir haben uns ungefähr fünf Tage Pause gegönnt und sind in der Zeit nicht weiter gezogen. Das war nötig und ziemlich erholsam, aber darum liegen wir jetzt auch etwas zurück. Natürlich bleibt uns noch genug Zeit, bis wir beim Treffpunkt sein müssen, aber ich möchte lieber etwas früher da sein, damit ich die Lage auskundschaften kann und schon mal mit der Umgebung vertraut werde, wenn wir uns dort länger aufhalten werden.
Ich kann nur hoffen, dass Chazz es schafft wenigstens ein paar Ausgestoßene zu überreden uns zu helfen. Es kann nicht sein, dass niemand von ihnen bereit ist etwas gegen die Leute zu unternehmen, die unsere Leben zerstört haben. Wobei ich vergleichsweise noch gut davon gekommen bin. Ich habe keine körperlichen Entstellungen und will kämpfen. Da müssten doch gerade sie, die von der gesamten Gesellschaft verstoßen werden, endlich etwas unternehmen wollen. Wir waren alle nur Versuchskaninchen und niemand hat uns geholfen. Wir wissen, was für Qualen man in dem Labor durchleiden muss. Wir können nicht zulassen, dass das noch anderen angetan wird. WIR MÜSSEN KÄMPFEN! Und ich bin bereit für die Sache zu sterben.
Navin legt mir eine Hand auf die Schulter. >>Hey. Alles okay?<<
Verwirrt sehe ich ihn an und merke erst jetzt, dass ich am ganzen Körper zitter. Ich schließe die Augen und versuche mich zu beruhigen, was mir nicht so recht gelingen will. Verdammt!
>>Ganz ruhig. Ich bin da.<<, flüstert Navin und nimmt mich in die Arme. Ich atme seinen Geruch ein und schmiege mein Gesicht an seine Brust. In mir wird es ganz still und meine Gedanken kommen zum Stillstand. Geborgenheit durchströmt jede Faser meines Körpers und das Zittern ebbt ab.
>>Danke.<<, murmele ich in sein Shirt und ziehe ihn enger an mich.
>>Keine Ursache.<<, sagt er und küsst mich auf den Scheitel.
Wie kommt es, dass ich diesen Jungen, der jahrelang mein Jagdpartner war, nie richtig gesehen habe? Ich habe ihn immer nur als großkotzigen Idioten gesehen, der blöde Sprüche von sich gibt, um mich zu ärgern und niemals den Menschen dahinter erkannt. Ich kann mir nicht erklären, warum es so lange gedauert hat, aber ich bin froh, dass mir endlich die Augen geöffnet wurden. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn machen würde.
>>Ich liebe dich.<<, flüstere ich und sehe ihn an.
Er lächelt und beugt sich runter, um mich zu küssen, doch plötzlich werde ich von einer Welle von Zorn überrollt, die mich in die Knie zwingt. Ich schreie und presse mir die Hände an die Schläfen.
Navin ist sofort neben mir und legt mir einen Arm um die Schultern. >>Was ist los?<<
Ich kann nicht antworten. Die Schmerzen in mir sind zu stark und einen Augenblick, weiß ich selbst nicht vorher sie kommen, bis mir auffällt, dass es nicht mein eigener Schmerz ist. Es ist der von Keeden.
Das kann nur eines bedeuten.
>>Sie sind hier.<<, presse ich durch zusammengebissene Zähne hervor und versuche Keedens Gefühle auszuschließen, aber es funktioniert nicht. Vielmehr kommt es mir so vor, als würde ich sie dadurch nur noch verstärken.
Und dann wird mir klar, woher sein Schmerz rührt. Ich habe Navin meine Liebe gestanden. Weil ich sie  gefühlt habe. Das heißt Keeden hat sie auch gespürt, wenn er in der Nähe ist.
Ich habe ihm das Herz gebrochen.

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